Grüner Parteitag streicht direkte Demokratie aus Programm

+++ Mehr Demokratie wirft den Grünen elitäres Politikverständnis vor +++

Am heutigen Sonntagvormittag (22.11.) ist der Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen dem Vorschlag ihres Bundesvorstands gefolgt und hat den Ausbau der direkten Demokratie aus dem Grundsatzprogramm gestrichen. Der Änderungsantrag, mit dem die Forderung nach dem bundesweiten Volksentscheid in das Programm zurückgeholt werden sollte, scheiterte knapp mit 46,4 % der 742 Delegierten. Dem Antrag des Bundesvorstands stimmten 51,5% zu.

„Wir sind bestürzt, dass die Grünen der Bevölkerung ab heute keine verbindlichen Mitbestimmungsrechte auf Bundesebene mehr zutrauen. Damit wird eine Arroganz sichtbar, die allein auf die Macht setzt”, so Ralf-Uwe Beck und Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie e.V. „Hier offenbart sich ein elitäres Politikverständnis. Die Grünen scheinen davon auszugehen, dass die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit allein dadurch gestemmt werden könnte, dass sie an der Regierung beteiligt sind. Damit verzichten sie auf die Entschlossenheit der Zivilgesellschaft.“

Ein breites Bündnis aus 14 Vereinen und Organisationen hatte im Vorfeld des Parteitages die Grüne Basis zur Kurskorrektur aufgerufen. Bisher hatten sich alle grünen Grundsatzprogramme (1980, 1993 und 2002) zu dem Ziel bekannt, die direkte Demokratie auf Bundesebene einzuführen. Damit hatte sich die grüne Partei zur Fürsprecherin einer zentralen Forderung der Zivilgesellschaft gemacht. „Nun verabschieden sich die Grünen nach 40 Jahren von einer ihrer Kernforderungen und lassen die Zivilgesellschaft im Regen stehen“, so Beck und Nierth. Es sei ein Fehler, dabei die losbasierten Bürgerräte gegen Volksabstimmungen auszuspielen. „Es gibt einen erheblichen Bedarf auf Seiten der Bürgerschaft, sich nicht nur Gehör zu verschaffen, sondern auch direkt mit zu entscheiden.“

In den Bundesländern gehören Volksbegehren und Volksentscheide ganz selbstverständlich zum Demokratiesystem. „Die Grünen blenden die Verfassungswirklichkeit in den 16 Bundesländern völlig aus“, kritisieren Beck und Nierth. Es sei nicht vermittelbar, warum die repräsentative Demokratie auf Bundesebene nicht ebenfalls durch die direkte Demokratie ergänzt werden soll. Dies befördere die Debattenkultur, sei ein Mittel gegen überbordenden Lobbyismus und Populismus.

Hinweis für die Redaktionen: