Bürgerbegehrensbericht 2023: Weiterhin wenige Bürgerbegehren in Sachsen-Anhalt

+++ 2022 landesweit drei Bürgerbegehren +++ Mehr als ein Drittel aller Verfahren werden für unzulässig erklärt +++ Mehr Demokratie e. V. fordert weitere Reformen +++

Aus dem am heutigen Donnerstag (1.6.) von Mehr Demokratie e. V. veröffentlichten Bürgerbegehrensbericht, der die direkte Demokratie auf kommunaler Ebene zusammenfasst und analysiert, geht hervor, dass es in Sachsen-Anhalt keine Verbesserungen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden gibt. Im gesamten Bundesland gab es 2022 drei neue Bürgerbegehren und keinen Bürgerentscheid. Bundesweit waren es im vergangenen Jahr 245 Bürgerbegehren.

 

„Der Bericht zeigt, dass die Bürger in Deutschland ihr unmittelbares Lebensumfeld mitgestalten und sich mit Bürgerbegehren einmischen möchten. In Sachsen-Anhalt hat der Landtag 2018 mit einer Reform zwar wichtige Schritte zu einer anwendbaren direkten Demokratie gemacht, die Effekte auf die Praxis sind aber gering. Es gibt offensichtlich weiteren Reformbedarf“, sagt Christian König, Koordinator von Mehr Demokratie Sachsen-Anhalt.

 

Laut Bürgerbegehrensbericht stagniert in Sachsen-Anhalt die Anwendungshäufigkeit in den Kommunen auf dem Niveau des vorherigen Berichts aus dem Jahr 2020. Im Schnitt findet alle 76 Jahre ein direktdemokratisches Verfahren in einer Gemeinde statt. Damit belegt Sachsen-Anhalt im Ländervergleich den 12. Platz. 38,7 Prozent aller eingeleiteten Bürgerbegehren wurden für unzulässig erklärt. Im Bundesschnitt liegt die Quote bei 28,5 Prozent.

„Die Zahl der unzulässigen Bürgerbegehren ist eindeutig zu hoch. Das liegt auch daran, dass viele Themen von Abstimmungen ausgenommen sind. Hier muss der Gesetzgeber tätig werden und vor allem Bürgerentscheide über die Bauleitplanung ermöglichen. Dadurch gibt es nachweislich mehr Verfahren und eine geringere Unzulässigkeit“, so König. Sachsen-Anhalt ist eines von sechs Bundesländern, in denen Bürgerentscheide zur Bauleitplanung nicht möglich sind. Sechs Bundesländer haben die komplette Bauleitplanung für Bürgerentscheide geöffnet, darunter Thüringen und Sachsen.

 

In den vergangenen fünf Jahren scheiterten 60 Prozent aller Bürgerentscheide am Zustimmungsquorum. Im gesamten Untersuchungszeitraum seit 1994 betrifft dies nur 8,6 Prozent der Bürgerentscheide. Dabei sei laut Mehr Demokratie zu berücksichtigen, dass ein Großteil der Bürgerentscheide vom Gemeinderat eingeleitete Ratsreferenden zu Gebietsreformen waren, die die Bürger besonders mobilisieren.

„Dass in den vergangenen Jahren fast zwei Drittel aller Bürgerentscheide am Zustimmungsquorum scheiterten, ist eine alarmierende Tendenz. Durch die dann unklaren Ergebnisse bleiben Streitfragen unbefriedet. Auch hier ist der Landtag in der Pflicht, mit einer einfachen Gesetzesänderung nachzubessern. Das Zustimmungsquorum muss gesenkt, im besten Fall sogar wie in Hamburg ganz abgeschafft werden“, so König weiter.

 

Mehr Demokratie erfasst als größter Verein für direkte Demokratie gemeinsam mit der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung der Bergischen Universität Wuppertal alle Bürgerbegehren in Deutschland und wertet sie aus. Auf dieser Grundlage erscheint alle zwei Jahre der bundesweite Bürgerbegehrensbericht.

 

 

Der komplette Bürgerbegehrensbericht kann hier heruntergeladen werden: https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2023/Berichte/230531_MD_Buergerbegehrensbericht_2023_web.pdf.

 

 

Für Rückfragen:

Christian König, Koordinator Mehr Demokratie e. V. Sachsen-Anhalt, 0151-22017276